Haushalt 2026: Stellungnahme des SPD-Fraktionsvorsitzenden Udo Rössler

  • Beitrags-Kategorie:Fraktion

Bei den abschließenden Haushaltsberatungen am 17. November hat Udo Rössler für die SPD-Gemeinderatsfraktion die nachfolgende Stellungnahme abgegeben:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Kersting,

meine Damen und Herren unserer Stadtverwaltung,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

den Kommunen geht das Geld aus. Der „Finanzreport 2025“ der Bertelsmann Stiftung hat vor Augen geführt, was in den Städten und Gemeinden schon lange zu spüren ist: der Einbruch der Finanzen ist Realität, ihre Handlungsfähigkeit massiv gefährdet. Überall steigen die Ausgaben für soziale Leistungen, für Personal und Sachaufwand, während die Einnahmen – auch wegen der schwachen Wirtschaft – stagnieren oder sogar zurückgehen. Von Bund und Land übertragene Aufgaben werden nicht ausreichend finanziert. Zu Recht spricht der Präsident des Gemeindetags Steffen Jäger von einem Systemfehler. Land und Bund sind in der Pflicht, in den Städten und Gemeinden für eine tragfähige und strukturelle Verbesserung der Finanzen zu sorgen. Denn in den Kommunen erfahren die Menschen Politik und die Umsetzung staatlicher Aufgaben direkt. Funktionieren sie nicht mehr, ist auch die Demokratie in Gefahr.

Davon sind wir in Süßen noch weit entfernt, aber der Blick in den Süßener Haushaltsplan ist düster: 2026 müssen wir mit einem Defizit von rund 2,5 Mio. Euro rechnen. Noch gibt es Rücklagen, um das Defizit abzufedern. Aber sie werden bis spätestens 2028 abgeschmolzen sein wie das Eis in der Sonne. Dann sollen die Grund- sowie die Gewerbesteuer deutlich erhöht werden, um das erwartbare Defizit im Haushalt etwas auszugleichen. Wir sind auf die dann zu führende Diskussion gespannt. Noch vor einem Jahr lehnte die Gemeinderatsmehrheit bessere Einnahmen ab.

Wo soll gespart werden?

Nun wird die viel zitierte schwäbische Hausfrau sagen: Dann muss man eben sparen!

Das ist leichter gesagt als getan. Straßen müssen in Schuss gehalten, Gebäude unterhalten und mit immer teurer werdender Energie versorgt werden. Verwaltung und Schulen brauchen – immer noch – Papier, vor allem aber Computer und Software. Allein das kostet uns im kommenden Jahr rund 5,6 Mio. Euro. Soll man bei der Vereinsförderung sparen? Natürlich nicht. Bei der Ausstattung unserer Feuerwehr? Kommt nicht in Frage. Wer will die Musikschule schließen? Keiner.

Zu schaffen machen dem Haushalt auch die stetig steigenden Personalkosten. Sie belaufen sich im kommenden Jahr insbesondere wegen der Tariferhöhungen auf fast 12,5 Mio. Euro. Es gibt keine überflüssigen Stellen; die Verwaltung könnte effizienter werden, ist aber personell nicht überbesetzt.

Stadt investiert in moderne Infrastruktur

Und natürlich belasten die Millionen-Investitionen in unsere Infrastruktur den Haushalt heute und in den Folgejahren. Aber die Stadt hat ihre Hausaufgaben erledigt und sich um zeitgemäße Kitas und Schulen, eine moderne Sport- und Kulturhalle, ein runderneuertes Hallenbad und eine attraktive, verkehrsberuhigte Ortsmitte gekümmert. Wer hätte darauf verzichten wollen?

Natürlich können wir uns die Modernisierung der Bizet-Halle eigentlich nicht leisten. Die Kosten sind mit gut 10 Mio. Euro kalkuliert und es wird – aller Erfahrung nach – dabei nicht bleiben. Doch wo sollen Erwachsene, Jugendliche und Kinder trainieren, wo soll der Sportunterricht stattfinden? Nein, auf die Bizet-Halle verzichten können wir nicht! Wir sollten die Sanierung zügig auf den Weg bringen.

Vielleicht gibt es einen Batzen Geld aus dem Bundesprogramm „Sanierung kommunaler Sportstätten“. Wir werden etwas später in der Sitzung, unser Interesse an einer Förderung signalisieren.

Apropos: Ohne die unzähligen Fördertöpfe, die Bund und Land bereitstellen, könnten die Kommunen nicht mehr investieren. Auch wir in Süßen nicht. Dabei sorgt die Ausarbeitung hunderter Programme genauso wie die Antragstellung für ungeheuer viel Bürokratie. Wir wissen, wie viel Energie auch in unserer Stadtverwaltung dafür aufgewendet wird.

Experten kritisieren viele Förderprogramme als ineffizient und intransparent, es gehe zu wie auf dem Basar. Wer einen guten Draht zu den wenigen Entscheidern hat, manchmal auch das richtige Parteibuch, ist im Vorteil. Minister und Abgeordnete gefallen sich darin, durchs Land zu eilen und Förderschecks zu verteilen. Die Beschenken dürfen sich dann artig bedanken – und auf den nächsten Förderbescheid hoffen. Städte und Gemeinden werden so an der kurzen Leine gehalten. Mit kommunaler Selbstverwaltung hat das nicht mehr viel zu tun.

Immerhin: Das Sondervermögen des Bundes für Länder und Kommunen soll jetzt einfacher und bürokratieärmer verteilt werden. Heißt keine Genehmigung von Einzelprojekten, sondern pauschale Zuweisungen. Das würde die Selbständigkeit der Kommunen stärken, denn vor Ort weiß man am besten, wie und wo man Mittel zielführend und wirtschaftlich einsetzen kann. Bleibt zu hoffen, dass von den zig Milliarden bald tatsächlich etwas in den Kommunen und auch in Süßen ankommt.

Immer mehr Aufgaben: Wer bestellt, soll bezahlen!

Wir würden finanziell besser dastehen, wenn Land und Bund nicht immer wieder Aufgaben auf die Kommunen abwälzen würden, ohne für die Finanzierung zu sorgen. Der Rechtsanspruch auf einen KiTa-Platz ist gut und stärkt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Er hat aber auch in Süßen die Ausgaben im Betreuungsbereich massiv nach oben getrieben. Ab nächstem Jahr besteht Anspruch auf Ganztagsbetreuung, auch in den Ferien. Und niemand weiß bislang, wie das organisiert werden soll. Es soll Geld geben, auch für laufende Kosten. Am Anfang gibt’s viel, ab 2030 dann weniger. Wir ahnen, wer dann den Fehlbetrag aufbringen soll. Die Kämmerei geht jedenfalls schon jetzt von einem erheblichen organisatorischen und personellen Mehrbedarf aus.

Landrat will Hilfen für Kinder und Jugendliche radikal kürzen

Und jetzt beginnt auch noch der Kreis, den Kommunen neue Lasten aufzubürden. Der neue Landrat will im Kreishaushalt 16 Mio. Euro einsparen. Kritisch sind davon knapp 4 Mio. im sozialen Bereich. In Süßen ist davon die Schulsozialarbeit, die Jugendfarm, der Familientreff in der Lange Straße und die Psychologische Familien- und Lebensberatung in der Bachstraße betroffen. Alle erhalten Zuschüsse vom Landkreis, die jetzt wegfallen sollen.

Statt Position zu beziehen, will man in Süßen das Defizit dort übernehmen, wo der Aufschrei am größten wäre: Bei der Schulsozialarbeit und der Jugendfarm. Das käme die Stadt günstiger als eine Erhöhung der Kreisumlage. Aber gleichzeitig akzeptiert man die Zerschlagung bewährter Strukturen wie der Beratungsstellen der Caritas, wo Menschen in schwierigen Lebenssituationen niederschwellig durch Fachkräfte unterstützt werden. Auch Süßener. Wohin sollen sich zum Beispiel Suchtkranke wenden, wenn die einzige Beratungsstelle im Kreis geschlossen wird? Oder Süßener Familien, in denen es Kinder mit psychischen Auffälligkeiten oder Erkrankungen gibt?

Diese Kürzungen sind unanständig. Wenn sie beschlossen werden und wichtige Präventionsarbeit wegfällt, werden wir in ein paar Jahren das Mehrfache für diese Fehlentscheidung bezahlen müssen.

Gemeinderatsfraktionen sparen bei Anträgen

Mit haushaltwirksamen Anträgen halten sich die Gemeinderatsfraktionen schon seit langem zurück. Weil man immer wieder gesagt bekommt: „Wir haben kein Geld? Und wer soll’s machen?

Vielleicht sind auch deshalb die Stellungnahmen in Süßen deutlich kürzer als andernorts, zum Beispiel in Eislingen. Dort kann eine Haushaltsrede schon mal 37 Minuten dauern. Wir kommen mit rund einem Viertel der Zeit zu recht, weil uns das Sparen – auch beim Reden – schon in Fleisch und Blut übergegangen ist.

Man kann noch Berichte beantragen. Auf die muss man dann aber mitunter lange warten. Zum Beispiel auf den zum Leerstandsmanagement, den wir 2017 eingebracht hatten und der dann 2019 erfolgt ist. Jetzt haben die Grünen unseren Antrag recycelt, ein Bericht soll im Herbst nächsten Jahres folgen. Vor Jahren hieß es knapp, man könne in Süßen nur an Vermieter appellieren, leerstehenden Wohnraum anzubieten. Vielleicht hat die Verwaltung inzwischen neue Erkenntnisse gewonnen und Ideen entwickelt. Wir empfehlen jedenfalls, einfach mal in Salach anzurufen, wo das Leerstandsmanagement seit Jahren sehr erfolgreich läuft.

Radverkehr, wilder Müll und bezahlbares Wohnen im Fokus

Die Umsetzung der Radverkehrskonzeption sprechen wir Jahr für Jahr an. In Eislingen und jetzt auch in Salach gibt es Fahrradstraßen, in Süßen geht es hier leider nicht voran. In der Barbarossastraße könnte man den Anfang machen.

Zuletzt wurde viel übers „Stadtbild“ diskutiert. Da reden wir gerne mit. Zum Beispiel über den wilden Müll, über den man vor allem an Sammelstellen stolpert und der nicht zur „Wohlfühlstadt“ passt. Jetzt sollen Altglas-Unterflurcontainer dem Problem abhelfen. Das ist ein Ansatz. Aber auch Videoüberwachung muss möglich sein. Und der Vollzugsdienst sollte die Vermüllungs-Hotspots wie die Bühlstraße häufiger kontrollieren.

In Süßen fehlt bezahlbarer Wohnraum. Die Verwaltung hofft, dass sich die Marktlage verbessert und sich interessierte Bauträger für Mehrfamilienhäuser finden. Wir hoffen mit! In den Rabenwiesen sieht der Bebauungsplan aber auch Reihen- und Kettenhäuser vor. Die sollten wir jetzt auch voranbringen.

Gemeinderäte sind nicht der „Fanclub“ der Verwaltung

Meine Damen und Herren,

vieles läuft gut in Süßen, manches aber eben auch nicht. Kritik und Mahnung müssen deshalb auch in einem so von Harmonie geprägten Gemeinderat wie in Süßen möglich sein. Gemeinderäte sind nicht der Fanclub der Verwaltung, sondern beaufsichtigen sie. So sieht es die Gemeindeordnung vor:

„Der Gemeinderat legt die Grundsätze für die Verwaltung fest. Er überwacht die Ausführung seiner Beschlüsse und sorgt beim Auftreten von Missständen in der Gemeindeverwaltung für deren Beseitigung durch den Bürgermeister.“ (§24 GemO)

Dass man die Verwaltung ständig loben soll, steht in der Gemeindeordnung nicht. Wir tun dies heute dennoch gerne und danken Ihnen, Herr Bürgermeister Kersting und unserer Stadtkämmerin Frau Schömbucher für die gute Vorbereitung der Haushaltsberatungen. Herzlich danken wollen wir allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Verwaltung für den hohen Einsatz für unsere Stadt. Vielen Dank auch den Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat für die ordentlichen Diskussionen.

Unser Dank gilt zuletzt allen Bürgerinnen und Bürgern, die sich außerhalb von Rathaus und Sitzungssaal in Vereinen und Organisationen ehrenamtlich für ein gutes Miteinander, für den Zusammenhalt in unserer Stadt einbringen.

Die Bizethalle ist mehr als 50 Jahre alt und muss dringend saniert und erweitert werden.