Stellungnahme des Stv. Fraktionsvorsitzenden Eberhard Herrmann zum Haushaltsplan 2019 am 11. März 2019
„Deutschland muss mehr in Bildung und Infrastruktur investieren.“ Das hat die EU-Kommission der Bundesregierung Ende Februar ins Stammbuch geschrieben. In ihrer Analyse zur wirtschaftlichen Lage der EU-Staaten kommt die Kommission zu dem Schluss: Trotz steigendem Bedarfs an Investitionen und Erneuerung sind unsere Ausgaben im Vergleich zur Sparrate immer noch schwach.
Dabei gäbe es finanziellen Spielraum, sowohl wegen niedriger Zinsen als auch wegen der Milliardenüberschüsse der öffentlichen Hand, schreibt die Kommission. Deutschland müsse sich mehr anstrengen, um die große Investitionslücke zu schließen, vor allem bei Infrastruktur und Bildung.
Hätten sich die EU-Experten in Süßen umgesehen, wäre ihre Analyse vielleicht etwas anders ausgefallen. In unserer Stadt wurde und wird kräftig in Bildung, Betreuung und die Infrastruktur investiert. Und das ganz ohne Milliardenüberschüsse, vielmehr mit einem Haushalt der auf knapper Kante genäht ist.
Nachdem wir im Spätsommer bereits die Kulturhalle eröffnen konnten, ist seit wenigen Tagen nun endlich auch ihr Zwilling, die Sporthalle, nutzbar. Klasse! Wir danken auch heute nochmals allen, die dieses bislang größte Bauprojekt unserer Stadt umgesetzt haben. Dieses Infrastrukturprojekt hat uns viel Nerven, aber auch viel Geld gekostet – rund 13 Mio. Euro. Wenn – hoffentlich 2019 – alle Rechnungen bezahlt sind, können wir uns alle über dieses neue Aushängeschild unserer Stadt freuen.
Investitionen in Betreuung, Bildung und Bewegung
Auch in die Erweiterung des Kinderhauses in den Stiegelwiesen und in den provisorischen Kindergarten in den Hornwiesen fließen Millionenbeträge. Und erst vor wenigen Tagen haben wir die Planungen für das neue Kinderhaus in den Rabenwiesen auf den Weg gebracht. Mehr als 6 Mio. Euro werden wir dafür bezahlen.
Das neue Sportvereinszentrum des TSV Süßen mit seiner Bewegungslandschaft ist nicht nur für Vereinsmitglieder, sondern auch für die Kinder in unseren Schulen hochattraktiv, die sich dort kostenlos austoben können. Der von den Fraktionen gemeinsam eingebrachte Antrag für eine zusätzliche Bezuschussung der Bewegungslandschaft des TSV Süßen trägt der Bedeutung der Einrichtung für Familien, Kinder und Jugendliche Rechnung. (Vom Gemeinderat so beschlossen!)
Als SPD-Fraktion hatten wir bereits vor Jahren gefordert: „Bei rückläufigen Bevölkerungszahlen und im Wettbewerb der Kommunen müssen wir für junge Familien attraktiv sein.“ Das scheint uns – gemeinsam – ganz gut gelungen zu sein. Süßen hat sich zum Magnet für Familien entwickelt. Die ausgezeichneten Betreuungsangebote in unseren Kindergärten, der Schulverbund mit Realschule und Gemeinschaftsschule, gute Einkaufsmöglichkeiten und Ärzteversorgung sorgen für eine hohe Anziehungskraft.
Der Geburtenboom der letzten Monate hat uns etwas überrascht, aber wir haben in Süßen rasch und richtig gehandelt. Wir müssen allen Eltern eine gute und verlässliche, aber auch bezahlbare Betreuung ihrer Kinder bieten können. Wir wollen deshalb Familien bei den Kindergartengebühren entlasten. Im letzten Jahr hat der Gemeinderat mit Mehrheit beschlossen, nach Einkommen gestaffelte Gebühren von der Verwaltung prüfen zu lassen. Noch besser wäre es natürlich, wenn das Volksbegehren zur Abschaffung der Kita-Gebühren Erfolg hat. Traurig, dass die grün-schwarze Landesregierung der Entlastung von Familien Steine in den Weg legt.
Aus kleinen Kindern werden rasch große. Die Zahlen des von uns beauftragen Büros Biregio zeigen, dass wir auch in unseren Schulen in den nächsten Jahren mit stark steigenden Schülerzahlen rechnen dürfen. Nach den Kinderhäusern werden unsere Schulen zur nächsten großen Baustelle. Im Haushalt haben wir 150.000 Euro an Planungskosten für den Schulausbau und insbesondere die Mensa im Bizet-Areal eingestellt. Jetzt gilt es die Gespräche mit dem Regierungspräsidium abzuwarten, um zu sehen, welches Raumprogramm und welchen Förderungen wir genehmigt bekommen. Schülern, Eltern und Lehrer warten gespannt darauf, dass wir unsere Vorstellungen zu den Baumaßnahmen bald öffentlich vorstellen.
Als SPD-Fraktion setzen wir auf einen offenen Kommunikationsprozess, in den auch die Anregungen der Betroffenen einfließen können. Der Schulbeirat sollte deshalb in den nächsten Jahren intensiv in alle Baumaßnahmen eingebunden sein.
Schon jetzt zeigt sich an der Gemeinschaftsschule, in der J.-G.-Fischer-Grundschule, aber auch in der Hornwiesen-Grundschule dringender Handlungsbedarf, insbesondere bei den sanitären Einrichtungen. Die Verwaltung hat im Schulbeirat zugesagt, dass die erforderlichen Sanierungen in den nächsten Monaten durchgeführt werden. Auf diese Zusage vertrauen wir und erwarten, dass die Verwaltung uns in einer der nächsten Sitzung berichtet, welchen Zeitplan sie bei den Sanierungsmaßnahmen verfolgt.
Süßener Haushalt auf Sparkurs
Herr Niethammer hat uns in seinem letzten Haushaltsplan vor Augen geführt, wie es um unsere Finanzen in den nächsten Jahren bestellt sein wird. Während wir 2019 und auch noch 2020 mit einem weitgehend ausgeglichenen Ergebnis rechnen können, geht es ab 2021 ans Eingemachte. Unsere Liquiditätsreserven werden dann aufgebraucht und Kreditaufnahmen notwendig sein. Die Verschuldung wird massiv steigen!
Ein Sorgenkind auf der Einnahmenseite bleibt die Gewerbesteuer. Die Wirtschaftslage in Land und Kreis ist immer noch sehr gut, gleichwohl kann Süßen davon nicht profitieren. Für eine hochattraktive Stadt mit wachsenden Einwohnerzahlen ist eine dauerhaft klamme Haushaltskasse fatal.
Unseres Erachtens rächt es sich, dass wir uns in der Vergangenheit zu wenig um die Ansiedelung neuer, innovativer Unternehmen gekümmert haben, die vielleicht nicht sofort, aber über die Zeit zu guten Gewerbesteuerzahlern werden. Süßen muss für Gründer attraktiver werden! Wir regen an, noch in diesem Jahr zu einem „Gründertag“ einzuladen und mit jungen Unternehmern zu besprechen, wie und wo wir hier in Süßen ein Gründer- oder Innovationszentrum einrichten können. Wir haben bereits selbst Kontakte zu interessanten Firmen geknüpft, die wir gerne mit der Stadtverwaltung teilen.
Übrigens: Diese Unternehmen wollen nicht in interkommunale Gewerbegebiete auf der „grüne Wiese, sondern suchen innerorts Flächen, die gut an den öffentlichen Verkehr angebunden sind.
Meine Damen und Herren,
es ist richtig, dass wir uns in der Haushaltsstrukturkommission bereits intensiv mit dem Sparen, aber auch mit der Erhöhung der Einnahmen befasst haben. Wenn wir – sofern wir uns richtig erinnern – jährlich 700.000 Euro – einsparen müssen, wird das in vielen Bereich zu massiven Einschnitten führen.
Als SPD-Fraktion sind wir zu Hauskonsolidierung bereit. Wir wollen, aber dass es dabei fair zugeht: Stärkere Schultern können mehr tragen als schwache.
Wir hatten uns darauf verständigt, dass wir alle von den Fraktionen bereits eingebrachten Sparvorschläge in der Haushaltsstrukturkommission besprechen. Die Anträge der CDU-Fraktion zu Einsparungen beim Gutscheinheft, zu Parkgebühren oder zur Kündigung von Mitgliedschaften überraschen deshalb. Wir haben – ehrlich gesagt – keine Lust uns heute mit diesem Sammelsurium der Effekthascherei zu befassen und beantragen, die Vorschläge an die Kommission zu verweisen. (Vom Gemeinderat so beschlossen!)
Natur und Landschaft schützen
Wie unsere Kollegen von FDP-AFW und Bündnis 90/Die Grünen halten wir uns 2019 mit Haushaltsanträgen zurück. Eins ist uns aber gemeinsam wichtig: Die Diskussion um den Flächennutzungsplan hat gezeigt, dass mit Natur und Landschaft immer weniger sorgsam umgegangen wird. Durch neue Wohn- und Gewerbegebiete, durch Straßenbau und auch Nachverdichtungen im Ortszentrum werden Flora und Fauna immer mehr gefährdet. Um dieser besorgniserregenden Entwicklung entgegenzuwirken, hat der Gemeinderat 2018 ein Pflegekonzept beschlossen mit dem Ziel, Grünflächen zu erhalten und aufzuwerten, Wiesen und Biotope zu schützen und die Artenvielfalt zu fördern.
Wir müssen dringend Maßnahmen für eine naturfördernde und umweltverträgliche Bewirtschaftung privater wie gemeindeeigener Flächen auf unserer Gemarkung treffen, sind dabei aber auf eine fachliche personelle Unterstützung angewiesen. Die Stelle einer „Fachkraft für Naturschutz und Landschaftspflege“ sollte unseres Erachtens im Umfang von mindestens 25 bis zu 50 Prozent eingerichtet werden. Es wäre klasse, wenn die Verwaltung diese Teilzeitstelle durch interne Umschichtungen oder durch eine interkommunale Kooperation hinbekommt.
Wohnraum für alle
Uns ist bewusst: Der Schutz von Natur und Landschaft, auch von Grünflächen im Ortszentrum, und die Schaffung von mehr Wohnraum, bedeuten oft einen Spagat. Bei allem Druck müssen wir darauf achten, dass sich Neubauten in gewachsene Strukturen und das Stadtbild einfügen.
Wir hoffen, dass es mit dem Bebauungsplan „Salacher Straße“ und dem Umlegungsverfahren in den Vorderen Hornwiesen vorangeht und dort bald Eigenheime, aber insbesondere auch Mietwohnungsbau umgesetzt werden können. Die Flächen im Sanierungsgebiet „Südlich der Fils“ haben wir uns bei einem Vor-Ort-Termin nochmals genauer angeschaut: Gegenüber dem Schulgebäude an der Heidenheimer Straße, zwischen Teilweg und J.-G.-Fischer-Straße und natürlich mit dem TSV-Areal und dem Sportplatz besitzt die Stadt interessante Flächen, die sich mit Fördergeldern aus dem Sanierungstopf für Bauprojekte entwickeln lassen. Uns ist wichtig, dass wir preisgünstigen Wohnraum schaffen und beim Bauen auch mal ausgetretene Pfade verlassen.
Wir erinnern an unsere Anträge zur Förderung von Bauherrengemeinschaften (Stichwort: „Esslinger Modell“), aber auch zum Mehrgenerationenwohnen. Derartige Modelle sind natürlich aufwändiger als ein Haus, das einem durch einen Investor hingestellt wird. Aber wir sind überzeugt, dass wir dadurch mehr Wohnqualität schaffen und beim Bauen Kosten sparen. Wenn man im In- und Ausland unterwegs ist, sieht man, wie vielfältig und spannend Wohnen aussehen kann. Auch bei den Bürgern gibt es Bereitschaft für „neues Wohnen“. Probieren wir es doch einfach mal aus!
Eine eigene kommunale Wohnbaugesellschaft könnte dabei interessante Impulse setzen. Herr Bürgermeister Kersting hat ja 2018 selbst die Gründung eines solches Unternehmens thematisiert, um Bau, Bewirtschaftung, Verwaltung und Vermarktung eigener Wohnimmobilien in Süßen zu organi-sieren. Wir beantragen deshalb über die Vor- und Nachteile einer solchen Wohnbaugesellschaft zeitnah zu berichten und dabei auch darzustellen, wie eine Gründung ggf. organisatorisch, zeitlich und finanziell umgesetzt werden könnte.
Eine Wohnbaugesellschaft könnte möglicherweise auch die dringende Sanierung unserer städtischen Mietwohnungen besser leisten. Sie könnte auch die Überlegungen weiterverfolgen, mit Umzugsprämien ältere Immobilienbesitzer zur Weitergabe ihrer oft nicht altersgerechten Häuser zu bewegen. Und auch das Leerstandsmanagement wäre bei ihr in guten Händen. Denn die unzähligen ungenutzten Häuser und Wohnungen am Ort sind ein Ärgernis und sollten wieder ihrer Bestimmung zugeführt werden, nämlich einer Bewohnung. Wir jedenfalls wollen an diesem Thema dran bleiben!
Hoher Einsatz vieler für unsere Stadt
Am Geld mag es an allen Ecken und Enden fehlen, nicht aber am hohen Einsatz vieler für unsere Stadt. In unserer Stadt, in Kirchen, Vereinen und sozialen Einrichtungen werden Ehrenamt und Gemeinsinn gelebt! Herzlichen Dank dafür!
Wir danken Ihnen, Herr Bürgermeister Kersting, für Ihre Arbeit für unsere Stadt und Ihre Offenheit für Themen und Anliegen unserer Fraktion. An dieser Stelle zum letzten Mal „Danke“ sagen wir auch Herrn Niethammer, unserem sparsamen Stadtkämmerer, der in gut drei Jahrzehnten die Stadtkasse mit hoher Verantwortung verwaltet hat, die Finanzen im Griff hatte und uns immer bestens durch die Haushaltsberatungen geführt hat. Bedanken möchten wir uns auch bei allen anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Verwaltung: Wir wissen um Ihren Einsatz und bedanken uns sehr dafür!
Mit den Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat arbeiten wir gut und kollegial zusammen. Herzlichen Dank auch dafür!
Die SPD-Fraktion wird dem Haushaltsplan 2018 zustimmen.
Vielen Dank.